wbeready

Mit Abwasser frühzeitig Pandemien aufdecken

Viren, Krankheiten und damit auch Pandemien frühzeitig erkennen – bereits während der Corona-Krise lieferte das Abwasser frühzeitig Hinweise auf das Infektionsgeschehen. Das neue Forschungsprojekt „WBEready“ soll nun ein konkretes System für die Umsetzung der abwasserbasierten Epidemiologie (WBE) für verschiedene Erkrankungen erstellen, um bei eventuell zukünftig auftretenden Pandemien schneller reagieren zu können. Beteiligt ist ein Forschungskonsortium aus Siedlungswasserwirtschaft, Datenwissenschaft, Medizinischer Grundlagenforschung und Public Health unter Federführung der Wasserwirtschaftsverbände Emschergenossenschaft und Lippeverband (EGLV), die gemeinsam Deutschlands größter Betreiber von Kläranlagen sind. WBEready wird gefördert vom Bundesministerium für Gesundheit (BMG).

„Die abwasserbasierte Epidemiologie ermöglicht eine regionale Überwachung und ergänzt dadurch die Individualtestung zur Erkennung von Krankheitsausbrüchen – vor allem in Zeiten, in denen sich nicht mehr viele Menschen testen lassen. Die öffentlichen Gesundheitsdienste können dadurch wesentlich effektiver bei der Bewertung der Wirksamkeit von Maßnahmen zur Eindämmung von Infektionskrankheiten unterstützt werden“, sagt Dr. Frank Obenaus, Technischer Vorstand von EGLV.

Bereits während der Corona-Pandemie haben EGLV als regionale Wasserwirtschaftsverbände gesellschaftliche Verantwortung übernommen und gemeinsam mit ihren Partnern im vorangegangenen Forschungsvorhaben „COVIDready“ ein Monitoringsystem in Nordrhein-Westfalen für SARS-CoV-2 aufgebaut. Als größter Abwasserentsorger Deutschlands stellen EGLV nun auch im Forschungsvorhaben WBEready ihre vorhandene Infrastruktur in der Emscher-Lippe-Region als Real-Labor zur Verfügung. Gemeinsam mit dem Forschungsinstitut für Wasserwirtschaft und Klimazukunft an der RWTH Aachen e.V. (FiW) dienen EGLV als kommunenübergreifende Schnittstelle zwischen dem Gesundheitswesen und umwelttechnischen Organisationen.

Unter der wissenschaftlichen Leitung des Instituts für Medizinische Virologie am Universitätsklinikum Frankfurt werden anhand der Emscher-Lippe-Region neue analytische, technische, epidemiologische und institutionelle Forschungsfragen geklärt. Insbesondere ist die Implementierung einer kosteneffizienten PCR-Analytik geplant, die auf einer schrittweisen Diagnostik und parallelen Tests basiert. Der Fokus richtet sich dabei nicht nur auf die weitverbreiteten Erreger, die besonders in den Herbst- und Wintermonaten auftreten, einschließlich SARS-CoV-2, RSV und Influenza, sondern auch auf bislang weniger beachtete Erreger, die durch den Klimawandel immer näher heranrücken, sowie auch auf antibiotikaresistente Bakterien. Ergänzend zu den PCR-basierten Untersuchungen werden unter der Leitung der Universitätsmedizin Essen neue Methoden der Nukleinsäuresequenzierung in Umweltproben erprobt, um so neben dem Wiederauffinden bereits bekannter Erreger (Viren und Bakterien) neue oder veränderte Erreger frühzeitig zu erkennen. Damit wird ein umfassender Ansatz verfolgt, der all diese Viren und Antibiotikaresistenzen in den Blick nimmt.

Die Prozesse im Abwasser und im Kanalnetz werden durch das Institut für Siedlungswasserwirtschaft der RWTH Aachen untersucht. Damit die Daten zielgerichtet und anwenderorientiert ausgewertet werden können, wird seitens der Universitätsmedizin Essen durch das Institut für künstliche Intelligenz in der Medizin und dem Institut für Urban Public Health die Koordination zum öffentlichen Gesundheitsdienst übernommen, eine projektinterne Dateninfrastruktur aufgebaut sowie Analysen zu zeitlichen und räumlichen Unterschieden in der Erregerlast nach demographischen und sozioökonomischen Aspekten durchgeführt.

Mit dem interdisziplinär aufgestellten Konsortium soll ein Roadmap für ein praxisorientiertes System in der Emscher-Lippe-Region entwickelt und erprobt werden, das in Zukunft ein schnelles, auf die Anforderungen des öffentlichen Gesundheitsdienstes angepasstes Abwassermonitoring erlaubt.